Die Maske als Therapie – Kunsttherapeutin Anika Mencl nutzt das Maskenspiel als Therapieform

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Cowboy, Superheldin oder Clown: In der Karnevalszeit ist eine Verkleidung das wichtigste Accessoire. Mit ihr schlüpft man nicht nur in ein außergewöhnliches Outfit, sondern auch gleichzeitig in eine andere Identität. Was Karnevalsfans vor allem Spaß bringt, hilft depressiven Menschen im Zentrum für seelische Gesundheit in Bremen bei der Gesundung: Hier dient die Maske der Therapie.

Wer bin ich, was sind meine Stärken, was meine Schwächen? Wie geht’s mir gerade? – Wer unter einer Depression leidet, tut sich oft schwer, Fragen dieser Art zu beantworten und zu einer belastbaren Selbsteinschätzung zu kommen. Um das Gefühl für die eigene Identität wieder zu fördern, gibt es verschiedene therapeutische Ansätze. Einer davon ist das therapeutische Maskenspiel. Diplom-Kunsttherapeutin (Schauspiel- und Sprechkunst) Anika Mencl bietet es seit letztem Sommer den Patienten des Zentrums für seelische Gesundheit Bremen an. Im szenischen Spiel haben sie die Möglichkeit, die eigenen Emotionen spielerisch zu entdecken und auszudrücken.

Aus Ton wird Leben

Für das Maskenspiel muss zunächst eine Maske her: „Jeder Rehabilitand fertigt seine eigene Maske aus Ton und Maskenbaupapier selbst an“, erklärt Anika Mencl. „Die Rehabilitanden sind in der Gestaltung ganz frei. Deshalb entstehen sehr individuelle Masken – mal mit markanten Gesichtszügen oder gar mit Hörnern, mal fröhlich, mal traurig blickend.“ Etwa fünf Stunden dauert es im Schnitt, bis eine Maske fertig ist – also geformt, getrocknet und mit weißer Farbe bemalt. „Bereits dieser gestalterische Teil hat einen therapeutischen Nutzen: Hier können die Menschen ihre Konflikte und Belastungen auf kreativem Wege ausdrücken und in ihre Maske übertragen. Außerdem erlebe ich immer wieder, dass die Patienten unglaublich stolz auf ihre fertigen Masken sind; denn viele trauen sich anfangs gar nicht zu, so etwas selbst gestalten zu können.“

Die Figur hinter der Maske ergründen

Im therapeutischen Maskenspiel geht es schließlich darum, die Figur hinter der Maske zu finden und zum Leben zu erwecken. „Im Maskenbau hat jeder für sich gearbeitet, im Spiel ist die gesamte Gruppe gefragt“, sagt Mencl. „Dabei kommen alle – bei uns sind das maximal acht Leute – in einem Kreis zusammen. Dann setzt der erste Rehabilitand seine Maske auf und das Spiel beginnt: Natürlich hat der Rehabilitand eine genaue Vorstellung davon, welche stärkste Eigenschaft seine Figur besitzt. Da er während des Spiels jedoch nicht sprechen darf, soll er der Gruppe diese mit Hilfe einer Körperhaltung demonstrieren.“ Aufgabe der Gruppe ist es dann zu schauen, ob diese Haltung aus ihrer Sicht zur Maske passt. „Dabei kann es vorkommen, dass die Gruppe der Maske ganz andere Eigenschaften zuordnet“, so Mencl. „Der Rehabilitand empfindet seine Figur zum Beispiel als traurig und hat sich ganz klein gemacht; die Gruppe empfindet den Ausdruck der Maske aber vielleicht eher als nachdenklich, verträumt oder entspannt. Es kann vorkommen, dass dann ganz verschiedene Haltungen eingenommen werden, bis die Schlüsseleigenschaft gefunden ist, die Figur hinter der Maske zum Leben erwacht und in späteren szenischen Spiel weiter zum Einsatz kommen kann.“

Sich selbst mit den Augen anderer sehen

Im Zentrum für seelische Gesundheit in Bremen wird diese Form der Theatertherapie vor allem für Menschen mit Depressionen angeboten. „Sie bietet die Möglichkeit zu einem ganz anderen Umgang mit den eigenen Gefühlen als beispielsweise eine klassische Gesprächstherapie“, erklärt die Kunsttherapeutin. „Denn die Maske versteckt mein Gesicht und bietet mir Schutz – vielen fällt es dadurch leichter, sich auf das Spiel einzulassen und auch Eigenschaften zu verkörpern, die sie eigentlich gar nicht an sich mögen oder nicht ausleben.“ Bereits in der ersten Praxiseinheit erleben einige der Patienten einen „Aha-Moment“, so Mencle: „Sie schauen ihre Maske an und denken an Erschöpfung; aber die Gruppe sieht darin etwas ganz Anderes – nämlich eine starke Figur. Die Rehabilitanden/innen nehmen dieses Feedback natürlich auf und die Körperhaltung ändert sich ganz deutlich. Sie spielen dann viel selbstbewusster. Das finde ich als Therapeutin immer besonders schön.“

Bild: Vergangenen Sommer hat Diplom-Kunsttherapeutin Anika Mencl das therapeutische Maskenspiel im Zentrum für seelische Gesundheit Bremen als neues Therapie-Angebot eingeführt. Bildquelle: Dr. Brecker Klinikgruppe.

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