Was Gastarbeiter in Bremen vor 50 Jahren erlebten und wie sich die Geschichte wiederholt

In den 1970er Jahren nannte man die Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kamen, „Gastarbeiter“. Ein durchaus freundliches Wortkonstrukt, von dem man sich rein theoretisch auch heutzutage eine gute Scheibe abschneiden könnte. Zur Wahrheit gehört allerdings, dass die Realität von Akzeptanz und Miteinander eine vollkommen andere war, als das Wort „Gast“ es suggerieren wollte. Hat sich seither etwas geändert?

Heute vor 50 Jahren waren „Gastarbeiter“ in Bremen in verschiedenen Bereichen tätig. Die Arbeitskräfte wurden in der damals florierenden Wirtschaft dringend benötigt. Allerdings wurden die ausländischen Menschen hauptsächlich in anstrengenden, teils unwürdigen Bereichen im Billiglohnsektor eingesetzt. Dazu gehörte beispielsweise der Hafen mit seinen Stauerei- und Verladebetrieben. 1975 war das etwa beim Bremer Vulkan und der AG Weser, bei den Stahlwerken und der Wollkämmerei und vielen weiteren Unternehmen der damals typisch hanseatischen Erfolgscluster. Eine Willkommenskultur gab es innerhalb der Gesellschaft nicht.

Vielmehr lebten die Gastarbeiter zunächst häufig eng aufeinander gepfercht in Wohnheimen, später dann in eigenen Wohnungen, wo sie Familienleben und eigene Rituale etablierten. Vernünftige Wohnungen konnten sie sich kaum leisten. Zudem erlebten sie Diskriminierung und Herausforderungen im Umgang mit der deutschen Gesellschaft und Kultur. Die Menschen wurden zwar geholt – in der Regel für Arbeiten, die die Einheimischen nicht machen wollten – zugleich aber abgelehnt. Immer wieder kursierten beispielsweise Behauptungen, die „Ausländer würden den Deutschen die Arbeit wegnehmen“. Schlichter Unsinn und weit gefehlt, aber aus den Köpfen der rauen Allgemeinheit kaum herauszubekommen.

Integration war nicht weniger als ein Fremdwort. Von freundschaftlichen Ausnahmen abgesehen, war das Resultat, dass sich aus mehr als nachvollziehbaren Gründen Subkulturen bildeten. Auch in der Aufschwungphase von Bremen und Bremerhaven als wesentliche Exportstandorte Deutschlands öffnete man sich zwar für die Welt und den Austausch mit anderen Nationen bis über den Atlantik hinaus. Doch die Gastarbeiter, die Menschen, die in dieser Stadt und diesem Land Fuß fassen wollten, wurden vielfach außerhalb der Gesellschaft gehalten; allemal ein Paradoxon.

Erst viel zu spät wurde erkannt, dass integrative Gemeinsamkeit weitaus früher hätte angegangen werden müssen. Auch in Bremen entwickelten sich komplette Stadtteile wie Teile von Osterholz-Tenever, von Walle oder Gröpelingen zu prekären Zonen. Die Nichtdeutschen hatten sich ihre Bereiche nach ihren bescheidenen Möglichkeiten gesucht; sie hatten gar keine andere Wahl. Die Bremer Bevölkerung hingegen hatte den Zug der großen Chancen vielfach verpasst. Tatsache ist: Wären die sich abzeichnenden Probleme wie etwa die dringenden Sprachkenntnisse und der interkulturelle Austausch früher angegangen worden, hätte man sich gleich zu Beginn die würdige Hand gereicht, würde die heutige Realität anders aussehen.

Nun erleben wir im Kontext der Flüchtlingsströme aus verschiedensten Ländern eine ähnliche Situation wie vor rund 50 Jahren mit allenfalls anderer Ausprägung. Die Menschen sind hier und es sollte ihnen geholfen werden. Obschon die meisten Parteien die Zahl der hier aufzunehmenden Flüchtlinge begrenzen wollen und die gegensätzlichen Meinungen wie offene Wunden aufeinanderprallen, verbleibt eine Frage, die über die Zukunft in vielleicht wiederum 50 Jahren entscheiden könnte: Machen wir dieselben Fehler wie damals? Was ist das sozioökonomische Ergebnis von Ablehnung?

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