Rückgabe von NS-Raubgut nach Wien – Staats- und Universitätsbibliothek trennt sich von vier Büchern
Im Rahmen des Projekts NS-Raubgut gibt die Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) vier Bücher an den Obersten Gerichtshof (OGH) Wien zurück. Die Bücher enthalten das Exlibris – ein künstlerisch gestalteter Besitznachweis, der auf der Innenseite des Buchdeckels befestigt ist – von Dr. James Klang (1847-1914) und sind ein Fall von NS-Raubgut: Das fand der SuUB Projektmitarbeiter Volker Cirsovius während der Überprüfung des Bibliothekszugangs der Jahre 1933 bis 1948 heraus.
Nach seinem Tod vererbte Dr. James Klang seine Bibliothek an seinen Sohn Dr. Heinrich Klang (1875-1954), der ab 1925 als Richter am Oberlandesgericht Wien arbeitete und außerordentlicher Professor war. Im Jahr 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland verlor Dr. Heinrich Klang aufgrund seiner jüdischen Herkunft seine Lehrbefugnis an der Universität Wien und wurde in den dauernden Ruhestand versetzt. Sämtliche Versuche, aus Österreich zu flüchten, misslangen. Heinrich Klang wurde am 24. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Er überlebte das Ghetto und kehrte am 7. Juli 1945 nach Wien zurück.
Büchersammlung verteilte sich auf acht Einrichtungen
Die gefundenen Bücher in der SuUB Bremen stammen laut Zugangsbuch von der Wiener „Antiquariats- und Exportbuchhandlung Alfred Wolf“. Nach dem Entzug seiner Lehrbefugnis hatte Heinrich Klang seine umfangreiche Büchersammlung unter anderem an das Antiquariat in Wien verkaufen müssen.
Von hier aus gingen die Bücher an mindestens acht Institutionen, die nun ein Konsortium zur gemeinsamen Rückgabe (Restitution) gebildet haben: die Badische Landesbibliothek Karlsruhe, die Bayerische Staatsbibliothek München, die Bibliothek der Wirtschaftsuniversität Wien, die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, die Universitätsbibliothek Graz, die Universitätsbibliothek Wien und die Zentral- und Landesbibliothek Berlin.
SuUB nimmt Restitution seit Beginn der Neunziger ernst
Als eine der ersten Bibliotheken in Deutschland stellte sich die SuUB Bremen Anfang der 1990er ihrer Verantwortung, recherchiert und restituiert die im Nationalsozialismus geraubten Bücher an die rechtmäßigen Eigentümer:innen beziehungsweise deren Erb:innen.
„Wir freuen uns, dass nun in einem Konsortium von deutschen und österreichischen Bibliotheken gemeinsam mit den Erben eine faire und gerechte Lösung im Einklang mit den Washingtoner Prinzipien gefunden wurde“, sagt Maria Elisabeth Müller, Direktorin der SuUB Bremen.
Die erzielte Restitution sieht vor, dass die geraubten Bücher zunächst an eine von den Erben benannte Privatperson übergeben werden, um später auf Wunsch der Erben vom Obersten Gerichtshof in Wien (OGH) übernommen zu werden. Folgende Titel sind betroffen: die zweibändige „Histoire de la philosophie en Angleterre depuis Bacon jusqu’à Locke“ von Charles de Rémusat aus dem Jahr 1875, „Friedrich Wilhem Joseph Schelling. Gedächtnisrede“ von Dr. Otto Pfleiderer aus demselben Jahr und „Metaphysik in ihrer Bedeutung für die Begriffswissenschaft von Dr. Med. et Phil. G. Biedermann aus dem Jahr 1870.
Bild: Diese vier Bücher gehen als NS-Raubgut von der SuUB nach Wien. Bildquelle: SuUB