Rechtsextremismus der jungen Generation nimmt auch in Bremen besorgniserregend zu: Wo bleibt das Stoppschild?
Insbesondere junge Rechtsextreme treten in Bremen zunehmend offen auf. Mitglieder von Gruppierungen wie „Jung und Stark“ oder „Weser-Ems-Aktion“ sind präsent wie seit Jahren nicht. Die besorgniserregende Realität: Viele radikalisieren sich im Netz, die vermeintlich sozialen Medien fungieren als Brandbeschleuniger. Innensenator Ulrich Mäurer bezeichnet den Rechtsextremismus als größte Gefahr für die Demokratie.
Die Beispiele für zunehmenden Rechtsextremismus innerhalb der jungen Generation sind längst keine Einzelfälle mehr. Erst im Dezember des vergangenen Jahres ging eine perfide Aktion der Gruppierung „Weser-Ems-Aktion“ auf Social Media viral. In einem noch immer im Netz zu findenden Video ist dokumentiert, wie mehrere Personen das Grundstück des KUZ am Sielwall betreten und daraufhin Banner mit linken politischen Statements abhängen. Derweil halten anderen vor dem Haus Wache oder fangen die Aktion per Smartphone-Video ein. Anschließend posieren die jungen Rechten mit Bannern vor der Grünen-Zentrale am Wall und erheben dabei die Hände zum rassistischen „White Power“-Gruß, eine gewollte Provokation und Machtdemonstration im linken Viertel. Doch eigentlich sind es Kinder.
Bremens Politik äußert sich besorgt über den zunehmenden Extremismus, so auch Ulrich Mäurer, der im Kontext der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichtes von einer „(…) erschreckend rasanten Radikalisierung“ spricht. Die nüchternen Zahlen sprechen eine mehr als deutliche Sprache. So ist die politisch motivierte Kriminalität in Bremen um 26,8 Prozent gestiegen. Der Bremer Verfassungsschutz beziffert das rechtsextremistische Potenzial mit 220 Personen, rund die Hälfte davon eingestuft als gewaltbereit.
Besonders erschreckend, diverse Verdächtige, denen etwa Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte zugerechnet werden, sind gerade mal 14 bis 18 Jahre alt. Viele Beobachter der Szene zeigen sich betroffen bis fassungslos. Dass sich die Neonazi-Szene derart in die Altersgruppe der noch nicht oder gerade eben Volljährigen zu verschieben scheint, hat eine so bislang nicht erkannte Brisanz. Eine nicht zu unterschätzende Rolle als „Brandbeschleuniger“ haben dabei die sozialen Medien, insbesondere Telegram, Instagram oder TikTok. In aller Öffentlichkeit werden von den Gruppierungen Propaganda-Videos, Hetz- und Hass-Inhalte ausgespielt. Auch Bremer Gruppen rekrutieren auf den Online-Kanälen neue Mitglieder.
Etwa die Mitglieder der Gruppierung „Weser-Ems-Aktion“ veranstalten immer wieder mehr als provokante Märsche in Bremen, im Bremer Umland und im angrenzenden Niedersachsen. Tituliert werden die etwa mit „Den Toten zur Ehr“ und weiteren skandierenden Parolen, die zweifelsfrei der dunklen deutschen Nazi-Geschichte entnommen sind und derzeit so gar nicht verhohlen wieder hochkochen. Im parteiübergreifenden Verständnis wähnte man sich bislang im allenfalls vermuteten Glauben, die Gefahr käme vordringlich von den „Übriggebliebenen“ und ein paar Nachfolgern mit rechtsradikaler Gesinnung.
Das ist offensichtlich längst nicht mehr der Fall. Die neue Generation von Neonazis sieht sich im Kampf gegen ein vermeintlich linkes Gutmenschen-System und will zum Sturz dieses Systems beitragen. Hauptsächlich bei den den jungen Gruppierungen werden die rechtsradikalen Ansichten medial unterfüttert. Dabei treten sie nach außen überproportional offen und zweifelsfrei gewaltbereit gegen alles, was sie als „degeneriert“ und insofern feindlich wahrnehmen.
Längst gibt es auch Gegenbewegungen aus der linksextremen Szene. Rechts- und linksextrem prallt zunehmend aggressiver aufeinander. Und das keinesfalls im Verborgenen. Der Geheimdienst und die Sicherheitsbehörden um den Verfassungsschutz und das Innenressort des Senats sind alarmiert. Immerhin wird nichts Geringeres als eine Spirale extremistischer Gewalt befürchtet. Die Extremisten – gerade auch die noch Jugendlichen – könnten sich gegenseitig mit immer wieder neuen Gegenreaktionnen hochschaukeln, was bereits jetzt sichtbar wird.
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