Podiumsdiskussion: Welche Lösungen haben die Bremer Parteien für die hafenpolitischen Herausforderungen?
In den Räumen der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven – stellten sich am 04. Februar 2025 die Bundestagkanditen aus Hansestadt und Land Bremen Fragen zur Hafenwirtschaft aus berufenem Munde. Dabei gab es durchaus klare Statements, doch entscheidende Punkte schweben weiterhin im bremischen Küstennebel.
Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Olaf Orb, bei der Handelskammer geschäftsführend für die Bereiche Standortpolitik, Häfen und Verkehr zuständig, mit den Worten: „Häfen stehen für Wertschätzung, Wertschöpfung und Steuereinnahmen.“ Tatsächlich seien offene Ansprechpartner für die bremischen Häfen in Berlin bislang schwer auszumachen. Die Frage laute demnach: „Wie sieht’s in Bremen aus, wie schafft sich das hanseatische Bundesland Gehör in der Bundespolitik?“
Paritätisch besetzte Diskussionsteilnehmer
Zu den befragten Politikern zählten Dr. Volker Redder, Bundestagsabgeordneter und Kandidat der FDP, die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken Doris Achterwillm, die sich aktuell wieder für ein Mandat bewirbt, Thomas Röwekamp, CDU-Bundestagsmitglied und Parteichef in Bremen, außerdem Uwe Schmidt, SPD-Abgeordneter aus Bremerhaven, sowie Dr. Emanuel Herold, Mitglied der Bremischen Bürgerschaft für Bündnis 90/Die Grünen. Die demokratische Parität war gewahrt. Gespannt waren die anwesenden Gäste auf die individuelle Positionierung.
Gemeinsam eingeladen hatten die Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven, die BHV – Bremische Hafen- und Logistikvertretung e.V., die ISH – Initiative Stadtbremische Häfen e.V., der Wirtschaftsverband Weser e.V., der Verein Bremer Spediteure e.V. und die GVZ Entwicklungsgesellschaft mbH gemeinsam zum informellen Austausch. Auch vor dem Hintergrund, dass in den vergangenen Jahres zwar etliche Missstände benannt und priorisiert wurden, tatsächlich aber deutlich zu wenig geschehen sei.
Hafenwirtschaft als Visitenkarte von Bremen
Rund 39.000 Arbeitsplätze in den bremischen Häfen und der Logistikbranche sprechen ihre eigene Sprache hinsichtlich der Bedeutung der Branche, die sich als primäre Visitenkarte von Stadt und Land Bremen versteht. Einig waren sich die Fragenden und Befragten gleichermaßen, dass die Hafenpolitik eine fundamental wichtige Zukunftsaufgabe bleiben muss und zugleich vor großen Herausforderung steht.
So stehen etwa neben der Anpassung der Außen- und nördlichen Unterweser weitere wichtige Investitionen wie etwa die Ertüchtigung der Kajen in Bremerhaven für die größten Containerschiffe der Welt, die Anpassung der Hafensuprastruktur an die Erfordernisse des modernen automatischen Kaiumschlags an. Nicht zu vergessen die Entwicklung des Energy Port als Umschlagsplatz für klimafreundliche Energien und Anlagenelemente.
Das kleine Bremen nicht systemrelevant?
Dass das Land Bremen die Finanzierung dieser Projekte allein kaum stemmen kann und nach deutlich stärkerer Unterstützung durch den Bund verlangt, war dann auch der eigentliche Grund für die Podiumssitzung. Berlin stemmt sich weiterhin dagegen; in Bremen und Umland erwächst die bremsende Realität, vom Bund und den anderen Bundesländern nicht als systemrelevant wahrgenommen zu werden. Dabei gehe es doch um nichts Geringeres als eine Überlebensfrage für die Hansestadt Bremen.
Die Vertreter der Wirtschaft wie der ehemalige Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht monierten direkt und auch zwischen den Formulierungen, dass die Bremer Politiker sich in Berlin nicht vehement genug einsetzen würden. Es sei schon viel zu lange geredet worden. „Weiterhin fehlen die wirklich greifbaren Ergebnisse.“
Parteiübergreifend überraschende Einigkeit
Durchaus Überraschungen gab es gleich beim ersten Themenblock: „Wie halten Sie es mit der Weseranpassung?“ Doris Achterwillm von den Linken benannte die Vertiefung der Unterweser als „(…) ökonomisch unverzichtbar“. Emanuel Herold von den Grünen sagte expliziert „Wir werden uns dem nicht in den Weg stellen.“ Dr. Redder konstituierte: „Nicht zu vertiefen, wäre nicht schlau,“ Alle sind sich einig. Auch darüber, dass die vom Bund zur Verfügung gestellten 38 Millionen Euro für die Hafenstrategie ein Witz sind.
Die Wirtschaftsvertreter, Unternehmer und Akteure aus Hafenwirtschaft und Logistik wünschen sich Personen am Ruder, die sich „(…) vorbehaltslos in Berlin für Bremen einsetzen“. Bisherige Bemühungen erinnern laut Handelskammer eher an Nebelkerzen. Das müsse sich schnellstens ändern: „Wir müssen die Leute wirklich nerven. Nicht zuletzt haben die bremischen Häfen deutschlandweit eine beschäftigungspolitische Wirkung.“ Kai Stührenberg ergänzte: „Ohne Häfen gibt es keine Energiewende.“
Unsererseits liegt alles auf dem Tisch
Die Antworten waren erwartbar, aber wenig zufriedenstellend. Zukunftsweisende Lösungen wurden allenfalls ansatzweise angeboten. Vielmehr blieb es bei einer Aufzählung der ohnehin bekannten Missstände. So beispielsweise von Uwe Schmidt zur schleppenden Umsetzung der Vorhaben: „Die Zeiträume sind viel zu lang. Ich gehe da langsam an die Decke. Das muss deutlich schneller in der Umsetzung werden. Es liegt unsererseits längst alles dafür auf dem Tisch.“ Die Problematik ist bekannt.
Vielfach wurde eher beschrieben, mit welchen „Tricks“ man in Berlin um eine Budgetierung kämpfen müsse. Thomas Röwekamp zeigte auf, mit welchen gegenseitigen Gefälligkeiten die Gewichtung Bremens in Berlin gefördert werden kann. „Immer dann, wenn unsere Stimmen in den Ausschüssen des Bundestages ein paar Prozentpunkte bringen können, ist man plötzlich bereit, eben nicht nur der Bahn oder dem Autobahnnetz, sondern auch den Häfen entgegenzukommen.“ Hoffnung, dass sich das alsbald ändern könnte, kam eher nicht auf.
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