Fachtag zur Zuwanderung in Bremen: Ist Deutschland ein Einwanderungsland?
„Wir haben derzeit die ambivalente Situation, dass Deutschland mit Blick auf den Arbeitsmarkt einen akuten Migrationsbedarf hat und gleichzeitig Debatten über die Abwehr von Migration geführt werden. Die Frage ist, wie lange wir uns das leisten können.“ Mit diesem Statement hat gestern Prof. Dr. Naika Foroutan, Leiterin des Deutschen Zentrums für Integrations- & Migrationsforschung, eine Fachveranstaltung mit rund 140 Teilnehmenden in Bremen eröffnet.
Und noch deutlicher: „Es geht nicht darum, ob wir ein Einwanderungsland sind, sondern wie wir das Zusammenleben im Einwanderungsland Deutschland gestalten.“ Sozial- und Integrationssenatorin Dr. Claudia Schilling hob hervor, dass in der aktuellen Zuwanderungsdebatte „migrationsgesellschaftliche Themen oftmals als zentrale Ursache für gesellschaftliche Probleme aller Art dargestellt“ würden. „Desinformation und Ausgrenzung nehmen zu.“ Dieser „Diskursverschiebung nach rechts“ gelte es „entschieden entgegenzutreten und unsere weltoffene Gesellschaft engagiert zu verteidigen“. Prof. Dr. Jutta Berninghausen vom Vorstand der Bremer Rats für Integration ergänzte: „Unsere Gesellschaft wird zunehmend diverser und es zeigt sich, dass Diversity sich lohnt. Eine McKinsey-Studie von 2020 hat ergeben, dass bei hoher ethnischer Diversität Unternehmen um 36 Prozent profitabler sind. Und trotzdem haben lediglich neun Prozent der Führungskräfte mit Elitepositionen einen Migrationshintergrund.“ Das zeige: „Diversität und Teilhabe sind kein Selbstläufer, sie erfordern Energie.“
Gleiche Chancen für alle
Wesentlicher Bezugspunkt für die Ausgestaltung von Integrationspolitik im Land Bremen sei das Rahmenkonzept gesellschaftliche Teilhabe und Diversity, das der Senat im Herbst 2021 verabschiedet hat, erläuterte Sozialsenatorin Schilling. „Das zentrale Ziel des Rahmenkonzepts ist die chancengleiche Teilhabe aller Menschen in Bremen und Bremerhaven am wirtschaftlichen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben.“ Dieses Konzept gelte es weiterzuentwickeln. „Das Rahmenkonzept ist dynamisch“, betonte Bremens Migrations- und Integrationsbeauftragte Nadezhda Milanova. „Es lebt und wird stetig weiterentwickelt.“ Der Fachtag leiste dazu einen Beitrag. „Besonders wichtig sind mir die Beteiligungsformate, bei denen vor allem Organisationen von Zugewanderten mit den Behörden ins Gespräch kommen können.“ Im Jahr 2023 habe das in den Bereichen Gesundheit sowie Kinder und Bildung stattgefunden. „Ich freue mich, wenn weitere Ressorts diesem Beispiel folgen.“
Integration als Reizwort?
Selda Kaiser vom Vorstand des Bremer Rats für Integration weiss, „dass der Begriff ‚Integration‘ bei Menschen mit internationaler Familiengeschichte oft Unbehagen auslöst“, sagte Selda Kaiser vom Vorstand des Bremer Rats für Integration. „Sie empfinden das Wort wie einen Zeigefinger, der sie ermahnt, mehr zu tun, um sich in unsere Gesellschaft einzufügen. So, als gründeten viele Probleme, die mit Zuwanderung zusammenhängen, auf diesen Defiziten.“ Aus Sicht der Veranstalterinnen und Veranstalter des Fachtags bedeute der Begriff dagegen „die gemeinsame Arbeit von Einheimischen und Zugewanderten, unsere Gesellschaft weiterzuentwickeln. Integration bedeutet für uns die gemeinsame Anstrengung, allen Menschen in gleicher Weise die Teilhabe in unserer vielfältigen Gesellschaft zu ermöglichen.“
Bildquelle: Franz Pfluegl / Fotolia
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