Bremer ÖPNV zwischen Plänen und Realität: Angebotsoffensive verschoben
Der Öffentliche Nahverkehr ist in seiner Entwicklung immer auch Barometer für die Erfolge von Bremen zwischen Planung, Wunschtraum und Wirklichkeit. Mehrfach in den vergangenen Jahren hatte der Senat betont, den ÖPNV im Land stärken zu wollen. Tatsächlich aber konnten etliche Vorhaben bis heute nicht umgesetzt worden.
Täglich sorgt die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) mit rund 380 Fahrzeugen – modernen Straßenbahnen und Bussen – für Mobilität. Weit über 250.000 Menschen nutzen das Angebot täglich. Rund 2.370 Mitarbeitende sind dafür Tag und Nacht im Einsatz. Das reicht vom Fahrdienst über die Reparatur- bzw. Baukolonnen bis zur Verwaltung und Leitstelle, in der alle Fäden zusammengeführt werden.
Als kommunales Verkehrsunternehmen gehört die BSAG zu 100 Prozent der Bremer Verkehrsgesellschaft, die wiederum vollständig der Stadtgemeinde Bremen gehört. Kontrolliert wird das Unternehmen somit indirekt von der Tochtergesellschaft. Auch die ist weisungsgebunden an die Entscheidungen im Senat, insbesondere der Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung Özlem Ünsal (SPD).
Noch am 02. Juli 2024 hatte der Bremer Senat die Fortführung und Finanzierung der sogenannten „Angebotsoffensive Stufe 1“ beschlossen. Ziel war und ist es, die Attraktivität im ÖPNV zu steigern und zugleich einen wesentlichen Beitrag zur Mobilitätswende und zum Klimaschutz zu leisten. Die Maßnahmen sollten ab März/April 2025 „(…) vollständig umgesetzt werden“. Inzwischen befinden wir uns im Mai. Was ist geworden?
Zu den festgeschriebenen Maßnahmen gehörte etwa, die Frequenz von Straßenbahnen und Bussen zwischen den Hauptverkehrszeiten als auch sonntagnachmittags zu erhöhen, was dann im Fachjargon als „Taktverdichtung“ bezeichnet wird. Rein rechnerisch ist das ohne zusätzliches Personal nicht denkbar. In diesem Punkt spiegelte sich auch bei der BSAG der allgemeine Fachkräftemangel.
Statt die Frequenz zu erhöhen, mussten einige Fahrpläne personalbedingt sogar immer wieder ausgedünnt werden. So konnten noch in 2024 zwar 200 neue Mitarbeitende eingestellt werden. Die allerdings reichten gerademal dafür, ab April 2024 den Regelfahrplan der Linien 4 und 6 wieder aufzunehmen, ab Oktober 2024 den des Busverkehrs. Von höherer Taktung also bislang keine Spur.
Eingestellt und eingesetzt wurde dafür nicht im eigenen Unternehmen ausgebildetes Personal. Vielmehr setzt die BSAG seit 2024 vermehrt auf Subunternehmen, die Fahrer und zum Teil auch Busse bereitstellen und für Fahrten verschiedener Linien eingesetzt werden. So verlautete seitens BSAG, der Mangel im Bereich der Fahrdienst sei mittlerweile gelöst, aktuell stelle man keine neuen Verträge aus. Das sind die Personen, die für die Fahrgäste sichtbar sind.
Tatsächlich hapert es an einer vollkommen anderer Stelle. Weiterhin fehlen insbesondere IT-Fachleute. Und damit steht die Bremer Straßenbahn AG keinesfalls alleine da. Vielmehr handelt es sich dabei um eine branchenübergreifende Problematik. Ohne eine zweifelsfrei funktionierende IT-Abteilung ist kein verkehrs- und fahrgastsicherer Betrieb der Linien möglich. Im Grunde genommen ist das vergleichbar mit den Fluglotsen, die für einen reibungslosen Ablauf in der Luft sorgen. Hier reden wir von Schienen und Straßen; die Anforderungen sind vergleichbar. Ebenso ist das Unternehmen kaum imstande, mit kurzfristigen Ersatzfahrplänen beispielsweise auf Streiks – wie kürzlich im Öffentlichen Dienst erlebt – zu reagieren.
Zudem wurden die Pläne durch den kritischen Zustand der Bremer Verkehrsinfrastruktur immer wieder ausgebremst. Sicherlich trägt die BSAG keinerlei Schuld daran, dass etwa die Brücken über die Weser marode sind und immer wieder monatelang die Erreichbarkeiten von einer Weserseite zur anderen extrem verlängert werden. Etwa über die Bürgermeister-Smidt-Brücke dürfen erst seit April wieder Busse fahren; für Straßenbahnen bleibt sie weiterhin gesperrt. Jedoch war auch das absehbar.
Dass die Planer des Verkehrsbetriebs auch nach Meinung der Bürgerinnen und Bürger so optimal wie irgend möglich reagiert haben, wird ihnen allseits attestiert. Politik und Verwaltung hingegen hatten Hoffnungen auf Besserung geweckt, die bislang nicht annähernd gehalten werden konnten. Der Verkehrsentwicklungsplan Bremen 2025 (VEP) wurde tatsächlich schon im Jahr 2014 beschlossen. Inzwischen schreiben wir bekanntlich das Jahr 2025. Ein Desaster mit Ansage.
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