Bremens Amt für Soziale Dienste findet hunderte Schriftstücke im Datenmüll, die nicht hätten entsorgt werden dürfen und zieht Konsequenzen
Aus einem Bericht der Sozialsenatorin Dr. Claudia Schilling, den sie heute, am 29. August der Deputation für Soziales, Jugend und Integration vorlegt hat, geht hervor, dass das Amt für Soziale Dienste bei der Überprüfung von Datenmüll-Behältern auf 432 Dokumente und Schriftstücke gestoßen ist, die eigentlich nach den Grundsätzen der Aktenführung nicht hätten entsorgt werden dürfen.
Anlass für die Sichtung der Datenmüll-Container im Amt war, dass bei zwei Beschäftigten der Verdacht auf Betrug und/oder Untreue besteht. Die Amtsleitung wollte sicherstellen, dass Unterlagen, die im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Vorwürfen von Bedeutung sein könnten, nicht im Datenmüll entsorgt wurden.
Stattdessen haben sich Unterlagen aus den Fallbeständen zweier Beschäftigter gefunden, die nicht im Zusammenhang mit den Betrugsvorwürfen standen. „Die sichergestellten Unterlagen sind inzwischen erfasst und kategorisiert“, sagt Senatorin Dr. Schilling. „Sie werden derzeit im Amt abgearbeitet.“
219 der 432 Fälle betreffen Unterlagen zu Zahlungen, die von der Computer-Software automatisch erzeugt werden, sobald Änderungen eingepflegt oder Zahlungen veranlasst werden. Ein Teil davon hätte den Leistungsempfängern zugestellt, ein anderer Teil zu den Akten genommen werden müssen.
Lebensunterhalt von Bedarfsgemeinschaften nicht gefährdet
In den Unterlagen haben sich darüber hinaus 14 Anträge auf Leistungen nach dem „Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse und -ausfallleistungen“ (Unterhaltsvorschussgesetz, UVG) befunden.
Zwölf davon wurden von Bürgergeld-Bedarfsgemeinschaften gestellt. In diesen Fällen dient, so das Sozialressort, eine UVG-Leistung zur internen Verrechnung zwischen zwei Behörden – Jobcenter und Amt für Soziale Dienste. Dadurch werde die gesetzmäßige Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Kommunen sichergestellt.
Die Finanzierung des Lebensunterhalts der betroffen Bedarfsgemeinschaften sei durchgängig gesichert gewesen. Zwei weitere Anträge aus April und Juni dieses Jahres werden aktuell bearbeitet. Noch offen ist auch die abschließende Bearbeitung eines Widerspruchs aus dem Jahr 2022.
Bei einem Großteil der übrigen Unterlagen geht das Amt nach kursorischer (aber noch nicht abschließender) Sichtung davon aus, dass keine Nachteile für Leistungsberechtigte entstanden sind. Unter anderem geht es um 144 Briefe, die ans Amt zurückgekommen sind, weil sie nicht zugestellt werden konnten.
Konsequenzen gezogen
Aufgrund des Aktenfundes im Datenmüll hat die Amtsleitung Anfang August sämtliche 95 Datenmülltonnen in allen sechs Sozialzentren und den beiden zentralen Fachdiensten unangekündigt kontrollieren lassen. Dabei sind nach jetzigem Kenntnisstand keine Unterlagen aufgefunden worden, die zu verzögerten oder ausgebliebenen Zahlungen an Leistungsempfänger geführt haben. Die Auswertung im Detail ist noch nicht abgeschlossen, das Ergebnis soll der Deputation für Soziales, Jugend und Integration im September vorgelegt werden.
Als Konsequenz will das Amt künftig mit einem Falleingangsmanagement sicherstellen, dass alle Anträge zentral in der Software erfasst und verbindlich einer Person in der Sachbearbeitung zugewiesen werden.
Außerdem wird das Personal aufgestockt und ein Unternehmen damit beauftragt, die Strukturen und Prozesse im Unterhaltsvorschuss-Bereich zu beleuchten und Handlungsempfehlungen für weitere Verbesserungen zu entwickeln. „Damit holen wir den externen Blick und die Perspektive von außen ein“, sagt Senatorin Dr. Schilling.
Symbolbild: Adobe Stock / Demianastur
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