Bei Gewalt gegen Frauen zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik nur Spitze des Eisberges
In dieser Woche veröffentlichte das Bundesministerium des Inneren die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2024. Bei dem hier erfassten Tatbestand der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung gab es einen Anstieg von 9,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – doch das gilt nicht für Bremen.
So weist die Statistik für das Land Bremen im Vergleich zum Jahr 2023 nur einen leichten Anstieg von einem Prozent auf, bei Partnerschaftsgewalt sogar einen Rückgang von sechs Prozent. Allerdings gab es im Bereich der Partnerschaftsgewalt einen drastischen Anstieg im Jahr 2023 im Vergleich zum Jahr 2022, nämlich um 36 Prozent. Die Fallzahlen verharrten hier also im Jahr 2024 auf sehr hohem Niveau.
Sich nur die absoluten Zahlen der PKS anzusehen greift ohnehin zu kurz. So erklärt die senatorische Behörde für Inneres, in den Jahren 2023 und 2024 seien die Fallzahlen in der Statistik gestiegen, da Bearbeitungsrückstände aus den Jahren zuvor abgearbeitet werden konnten. In die Statistik fließen nämlich nur die Straftaten ein, die von der Polizei abschließend bearbeitet wurden. Laut des ersten periodischen Sicherheitsberichts des Landes Bremen vom Februar 2024 wird bei Sexualdelikten zudem nur in 2,5 Prozent der Fälle überhaupt Anzeige erstattet. Verglichen mit anderen Straftatbeständen ist dies mit Abstand die niedrigste Anzeigen-Quote.
Extrem hohe Dunkelziffer
Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz sagt hierzu: „Aufgrund des großen Dunkelfeldes zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik nur die absolute Spitze des Eisberges. Wir müssen daher von einer viel höheren Zahl von sexualisierter Gewalt gegen Frauen in unserem Bundesland ausgehen. Das Land Bremen hat aber mit seinem Landesaktionsplan Frauen und Kinder vor Gewalt schützen für die Jahre 2022 – 2025 bereits wichtige Maßnahmen umgesetzt, wie beispielsweise die Gewaltschutzambulanz – und wir werden weiter an der Fortschreibung des Aktionsplans arbeiten.“
Damit mehr Fälle sexualisierter Gewalt angezeigt werden, ist die Unterstützung der Betroffenen wichtig. Hierfür gibt es unterschiedliche Angebote wie beispielsweise die psychosoziale Prozessbegleitung, die eine professionelle Begleitung während des gesamten Strafverfahrens bietet. Oder Hilfen, die über das Opferentschädigungsgesetz geregelt werden. Dies können Beratungsangebote, aber auch Behandlungs- und Therapieangebote sein. Um Betroffenen über alle mit einer Anzeige verbundenen Schritte sowie über Anlaufstellen und Unterstützungsangebote zu informieren, arbeitet die Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) aktuell an einer Informationsbroschüre, die im Herbst 2025 veröffentlicht werden soll.
Erst dokumentieren, dann anzeigen
Eine wichtige Anlaufstelle im Land Bremen ist zudem die im April 2024 eröffnete Gewaltschutzambulanz. Betroffene von sexualisierter Gewalt können hier Verletzungen schriftlich und fotografisch dokumentieren lassen und anschließend entscheiden, ob sie Anzeige erstatten möchten. Die dort dokumentierten Beweise werden bis zu zehn Jahre aufbewahrt, sodass Betroffene auch zu einem späteren Zeitpunkt und ohne Zeitdruck Anzeige erstatten können.
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